Vergiftete Wahrheit (Dark Waters) und PFOA - Häufig gestellte Fragen (2025)

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“Es geht nicht nur um PFOA, und auch nicht nur um diesen Ort in West Virginia“
– Rob Bilott

Der neue Hollywood-Film „Vergiftete Wahrheit (Dark Waters)“ erzählt die wahre Geschichte des Rechtsanwalts Rob Bilott, der sich mit dem Chemie-Giganten DuPont anlegte, nachdem entdeckt wurde, dass diese Firma Trinkwasser mit der gesundheitsgefährdenden Chemikalie PFOA (im Film auch C8 genannt) verseuchte.

Der Film mit dem Schauspieler Mark Ruffalo in der Hauptrolle und unter der Regie von Todd Haynes schildert Bilotts Entdeckung und seinen mehr als 15 Jahre währenden Kampf um die Entschädigung der Tausenden von Betroffenen.

PFOA gehört zu der Chemikaliengruppe der PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen), die mehr als 4.500 Stoffe umfasst und auch unter dem Namen „ewige Chemikalien“ bekannt sind. Der Film handelt zwar von der PFAS-Verseuchung in den USA, aber die Kontamination mit PFAS ist auch in Europa und Deutschland ein ernstzunehmendes Problem.

PFAS werden in einer Vielzahl von Verbraucherartikeln verwendet, darunter antihaftbeschichtete Pfannen, Kosmetika, wasserdichte Kleidung, fettabweisendes Papier und Lebensmittelverpackungen aus Pappe. Mehrere PFAS wurden mit einer Reihe von Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, darunter Nierenkrebs, Hodenkrebs, verminderte Reaktion auf Impfstoffe und Schilddrüsenerkrankungen.

Um mehr über PFAS zu erfahren, lesen Sie unsere CHEM Trust Publikation „PFAS – die ewigen Chemikalien“.

Bei der Deutschlandpremiere am Hamburger Filmfest hat CHEM Trust an einer Podiumsdiskussion teilgenommen, in der die Relevanz des Films für Deutschland und Europa besprochen wurde.

‘Dark Waters’ und PFOA – Häufig gestellte Fragen

‚Dark Waters‘ wirft eine Reihe von Fragen über PFOA auf und darüber, welche Maßnahmen wir ergreifen können, um unsere Exposition gegenüber der gesamten Klasse von PFAS-Chemikalien zu reduzieren. Hier sind einige häufig gestellte Fragen:

Was ist PFOA?

PFOA ist die Abkürzung für die Chemikalie Perfluorooctansäure (auf Englisch: „perfluorooctanoic acid“). Sie gehört zu der großen Klasse der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS), die mehr als 4.500 Stoffe umfasst. PFAS sind extrem langlebig, das heißt sie werden kaum abgebaut, und sind sowohl fett- als auch wasserabweisend, was sie für eine Vielzahl von Produkten äußerst nützlich macht.

PFOA wurde bei der Herstellung einer Vielzahl von Produkten verwendet, darunter Antihaft-Beschichtungen für Kochgeschirr, Textilien wie wasserdichte Kleidung, Papier, Farben und Feuerlöschschäumen. Innerhalb der letzten Jahrzehnte rückte die chemische Industrie jedoch von der Verwendung von PFOA ab, da die Besorgnis über das Ausmaß und die Auswirkungen der PFOA-Kontamination zunahm. PFOA wurde jedoch einfach durch andere Chemikalien aus der großen PFAS-Klasse ersetzt. Diese ‚neuen‘ PFAS wurden zunächst von der Industrie als ‚sicherer‘ angepriesen, aber nun hat sich herausgestellt, dass sie ähnlich problematisch sind.

Im Jahr 2019, 50 Jahre nachdem DuPont hohe PFOA-Konzentrationen im Blut seiner Fabrikarbeiter in den USA entdeckt hatte und 20 Jahre nachdem Rob Bilott seine erste Klage gegen DuPont eingereicht hatte, wurde PFOA im Rahmen der Stockholm-Konvention weltweit verboten. Es ist eine von nur zwei PFAS-Chemikalien (die andere ist PFOS, die 2009 verboten wurde), die weltweit reguliert wurden. Bei der derzeitigen Regulierungsrate würde es über 40.000 Jahre dauern, bis alle PFAS-Chemikalien einzeln reguliert sind.

Warum sollte ich mir Sorgen über PFOA und andere Chemikalien aus der PFAS-Klasse machen?

PFAS-Chemikalien sind synthetische Chemikalien, die in der Natur nicht vorkommen. Bevor ihre Herstellung Ende der 1940er Jahre begann, waren keine PFAS in der Umwelt vorhanden. Inzwischen kann man die in jedem Winkel der Erde und weltweit im Blut von Menschen und Wildtieren nachweisen.

PFOA und andere Chemikalien aus der PFAS-Klasse sind bioakkumulierend. Das bedeutet, dass sie sich im menschlichen Körper anreichern können, weil sie zwar absorbiert, aber nicht wieder vollständig ausgeschieden werden.

Die Exposition gegenüber PFOA wurde mit sechs wichtigen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht: Nierenkrebs, Hodenkrebs, Schilddrüsenerkrankungen, hoher Cholesterinspiegel, Colitis ulcerosa und schwangerschaftsbedingter Bluthochdruck. Diese Zusammenhänge wurden vom amerikanischen Wissenschaftskomitee C8 herausgefunden, auf das im Film „Dark Waters“ verwiesen wird. Chemikalien aus der PFAS-Klasse wurden auch mit anderen Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht, unter anderem mit einer verminderten Reaktion auf Impfstoffe und einem geringeren Geburtsgewicht. In der EU wurde PFOA 2017 als reproduktionstoxisch eingestuft, und die Beschränkung für PFOA und verwandte Stoffe wird im Juli 2020 in Kraft treten.

PFOA und andere PFAS-Chemikalien sind aufgrund ihrer speziellen Fluor-Kohlenstoff-Bindung in der Umwelt äußerst beständig. Die Fluor-Kohlenstoff-Bindung ist eine der stärksten Bindungen in der Natur. Als Folge dieser Bindung bauen sich PFAS-Chemikalien nur sehr schwer ab und bleiben jahrzehntelang in der Umwelt. Dies hat PFAS den Spitznamen „ewige Chemikalien“ eingebracht. Ihre Persistenz ist besorgniserregend, weil sie bedeutet, dass sich aufgrund der vorherrschenden Verschmutzung durch PFOA und andere PFAS-Chemikalien diese im Körper von Menschen und Tieren anreichern können und dies selbst Generationen betrifft, die noch nicht einmal geboren sind.

PFAS-Chemikalien sind zudem extrem mobil. Sie können normale Trinkwasser­aufbereitungsanlagen leicht passieren und so das Trinkwasser verunreinigen. Sie können sich auch in Pflanzen wie Obst und Gemüse anreichern. Ihre Mobilität führt auch dazu, dass sie in allen Teilen der Welt gefunden werden, auch an sehr entlegenen Orten wie der Arktis und Antarktis.

Obwohl die Auswirkungen der Exposition gegenüber PFAS auf Wildtiere weniger untersucht sind, wurden einige PFAS auch mit negativen Auswirkungen auf das reproduktive, hormonelle und immunologische System in der Tierwelt in Verbindung gebracht.

Warum ist PFOA im Blut von 99% der Menschen vorhanden?

Im Abspann des Films kann man lesen, dass PFOA vermutlich im Blut von 99% der Menschen vorkommt. Diese Zahl stammt zwar aus den USA, aber vergleichbare Studien aus Deutschland, Großbritannien und anderen Orten auf der ganzen Welt zeigen, dass fast jeder Mensch Chemikalien aus der PFAS-Klasse in seinem Körper hat. Das Umweltbundesamt veröffentlichte im Juli 2020 eine Untersuchung, die zeigte, dass Kinder und Jugendliche zwischen 3 und 17 Jahren zu viele langlebige Chemikalien aus der Stoffgruppe der PFAS im Blut haben, Details hier.

PFOA und andere PFAS-Chemikalien finden sich in unserem Körper, weil wir ihnen täglich durch Konsumgüter, die PFAS enthalten (zum Beispiel Lebensmittelverpackungen, antihaftbeschichtetes Kochgeschirr, Kosmetika, Möbel) und durch Umwelteinwirkung (unter anderem aus Trinkwasser, Raumluft und bestimmten Lebensmitteln) ausgesetzt sind. Einige PFAS-Chemikalien, darunter PFOA, sind bioakkumulierend. Das bedeutet, dass sie sich im Laufe der Zeit im menschlichen Körper anreichern können, da sie absorbiert und dann nicht beziehungsweise nicht vollständig wieder ausgeschieden werden.

Ist die PFOA-Verschmutzung ein Problem in Deutschland?

Die größten Produktionsstandorte von PFOA und anderen PFAS-Chemikalien befinden sich in den USA und Belgien, gefolgt von Italien, so dass der im Film „Dark Waters“ gezeigte Grad der Verunreinigung in Deutschland nie gefunden wurde.

Dennoch sind PFAS-Kontaminationen auch in Deutschland ein Problem und spätestens seit 2006 ein sehr relevantes Umweltthema, nachdem in Untersuchungen von Gewässerproben an der Ruhrmündung zum Rhein in Nordrhein-Westfalen auffällig hohe Gehalte an perfluorierten Verbindungen ermittelt wurden. Andere Beispiele, die bereits durch die Medien gingen, sindArnsbergundAltötting. Anfang 2020 wurde auf einem Militärstützpunktin Wiesbaden Grundwasser durch Löschschaum kontaminiert und in Niedersachsen und Bremen gibt es Warnungen vor dem Verzehr von Flussfischen.

Eine Hauptquelle der PFAS-Kontamination in Deutschland besteht durch den Gebrauch alltäglicher Produkte, die PFAS enthalten (zum Beispiel Kosmetika, Lebensmittelverpackungen, Outdoor-Textilien). Emissionen aus diesen Produkten sind weit verbreitet und schwer zu kontrollieren. Andere Quellen sind die verarbeitende Industrie, die PFAS verwendet (zum Beispiel die Papier- und Textilindustrie). Viele weitere lokale Verunreinigungen sind die Folge des Einsatzes bestimmter Feuerlöschschäume, vor allem auf Flughäfen.

Viele PFAS-Verbindungen gelangen mit Abwässern in Kläranlagen, wo die meisten von diesen Verbindungen nicht abgebaut werden können. Quellen für PFAS-haltige Abwässer sind in Nordrhein-Westfalen insbesondere die Galvanik-Industrie, speziell die Kunststoffgalvanik, sowie die Oberflächenveredelung und die Metallverarbeitung. Aber auch beim Reinigen von Textilien gelangen PFAS in das Abwasser. In der Kläranlage reichert sich ein Teil dieser Chemikalien im Klärschlamm an, während ein anderer Teil mit dem gereinigten Abwasser in die Flüsse und Seen fließen kann.

Gibt es andere Chemikalien wie PFOA, über die ich mir Sorgen machen sollte?

Neben PFOA gibt es über 4.500 weitere Chemikalien in der PFAS-Familie. Die überwiegende Mehrheit dieser Chemikalien ist nicht bezüglich möglicher Umwelt- und Gesundheitsgefahren untersucht worden, aber diejenigen, die untersucht wurden, haben sich als fast ebenso problematisch erwiesen wie PFOA.

Ein Hauptproblem besteht darin, dass eine PFAS-Chemikalie, wenn sie reguliert wird, in Produkten und Herstellungsprozessen durch eine ähnliche, nicht-regulierte PFAS-Chemikalie ersetzt wird. Leider erstrecken sich die Ähnlichkeiten der Chemikalien oft auch auf ihre gefährdenden Eigenschaften. Daher wurde festgestellt, dass die Ersatzchemikalien häufig ähnlich schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt haben. Dieses Verfahren der chemischen Industrie ist auch unter dem Stichwort ‚bedauerliche Substitution‘ bekannt.

Bei der derzeitigen Regulierungsrate würde es über 40.000 Jahre dauern, bis alle PFAS-Chemikalien reguliert sind. CHEM Trust setzt sich daher dafür ein, dass die PFAS-Familie als Gruppe reguliert wird, um den Regulierungsprozess zu beschleunigen. Mehr Informationen zu einer anderen problematischen Stoffgruppe, den Bisphenolen, finden Sie im CHEM Trust Report „Von BPA bis BPZ“.

Soll ich meine Teflonpfanne wegwerfen?

Die Beschichtung von Teflonpfannen besteht aus einer PFAS-Chemikalie namens PTFE (Polytetrafluorethylen). PTFE ist ein PFAS-Polymer. Man geht zwar davon aus, dass PTFE an sich für den Menschen nicht schädlich ist, es gibt jedoch Bedenken, dass diese Polymere in schädlichere PFAS zerfallen können, wenn antihaftbeschichtete Pfannen während des Kochens überhitzt werden oder die Schicht absplittert.

Schädliche PFAS werden auch bei der Herstellung von PTFE verwendet und können in diesem Stadium in die Umwelt gelangen. Früher wurde hierzu das inzwischen verbotene PFOA verwendet, heute ist es durch andere schädliche PFAS-Chemikalien ersetzt worden.

Das Umweltbundesamt empfiehlt in seiner sehr lesenswerten Broschüre „PFAS – Gekommen, um zu bleiben“, die Verwendung von Edelstahl oder Keramik-Kochgeschirr.

Was kann ich tun, um meine Exposition mit PFAS zu reduzieren?
  • Verzichten Sie soweit wie möglich auf verpackte Lebensmittel und Speisen zum Mitnehmen, da Lebensmittelverpackungen häufig mit PFAS beschichtet sind, um sie widerstandsfähig gegen Fett zu machen. Von der Verpackung können die PFAS in die entsprechenden Lebensmittel und Speisen hineinwandern. Verwenden Sie nach Möglichkeit wiederverwendbare Lebensmittelbehälter und überlegen Sie, häufiger in Unverpackt-Läden
  • Vermeiden Sie antihaftendes Kochgeschirr. Wenn die Töpfe und Pfannen überhitzt werden oder die Beschichtung absplittert, kann PFAS aus der Antihaftbeschichtung in das Lebensmittel gelangen. Es gibt PFAS-freie Alternativen auf dem Markt.
  • Vermeiden Sie Textilien (einschließlich Outdoor-Kleidung, Teppiche und Möbelstoffe) mit PFAS-Beschichtungen. PFAS wird manchmal Textilien zugesetzt, um sie wasser- oder schmutzabweisend zu machen, aber es gibt PFAS-freie Alternativen. Achten Sie auf Produkte, die mit „PFAS-frei“ oder „PFC-frei“ gekennzeichnet sind.
  • PFAS sind manchmal in Kosmetika enthalten. Vermeiden Sie daher Produkte, die Chemikalien mit „Fluor-“ oder „PTFE“ im Namen enthalten. Sie sollten auch Zahnseide mit PTFE-Beschichtungen vermeiden.
Welche anderen Maßnahmen kann ich ergreifen?

Es gibt einige Initiativen und Kampagnen, die Sie unterstützen könnten, zum Beispiel die „Entgiftet unsere Kleidung“-Kampagne von Greenpeace.

Sie können aber beispielsweise auch an Ihre Abgeordnete oder Ihren Abgeordneten schreiben und ihn auffordern, eine Einschränkung von PFAS in Lebensmittelverpackungen zu unterstützen.

Die/den für Sie zuständigen Bundestagsabgeordnete/n können Sie hier suchen.

Eine Idee für eine entsprechende E-Mail haben wir hier formuliert:

Sehr geehrte/r Bundestagsabgeordnete/r,

Ich schreibe Ihnen, um Sie zu bitten, neue und strenge Vorschriften zu unterstützen, die uns vor schädlichen PFAS-Chemikalien in Lebensmittelverpackungen schützen.

Ich war schockiert, als ich erfuhr, dass diese schädlichen Chemikalien, die mit mehreren ernsthaften Gesundheitsproblemen in Verbindung gebracht werden und in Materialien enthalten sind, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, nicht verboten sind. Dabei können diese Chemikalien in die Lebensmittel und Getränke migrieren, die wir dann konsumieren!

Täglich setze ich mich (und meine Familie) unwissentlich diesen Chemikalien aus. Obwohl ich als Einzelne/r einige kleine Maßnahmen ergreifen kann, um meine eigene Exposition zu verringern, habe ich nicht genügend Informationen, um dies zu tun. Der beste Weg, die Gesundheit der Menschen zu schützen, besteht darin, dass die Behörden die Verantwortung dafür übernehmen, die Verwendung dieser Chemikalien von vornherein zu verhindern.

Bitte lassen Sie mich wissen, welche Maßnahmen Sie ergreifen, um auf meine Bedenken einzugehen.

Mit freundlichen Grüßen,

Mareike Müller

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